Raum zur Entfaltung

UNIK Architektur
8. Februar 2024
Blick auf den neuen Kindergarten. Der Pausenraum liegt von der Strasse abgewandt. (Foto: Peter Tillessen)
Herr Suter, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Der Kindergarten geht auf einen selektiven Projektwettbewerb im Jahr 2017 zurück. Mit zwei Gebäuden – dem Primarschulhaus und dem Kindergarten – konnten wir die Adressierung und Aussenräume der bestehenden Schulanlage aufwerten. 

Der Kindergarten als vorerst letzter Baustein dieser Schulraumerweiterung entflechtet die Pausenräume von Primarschule und Kindergarten in geschützte, strassenabgewandte und altersgerechte Freiräume.

In seiner eingeschossigen Erscheinung fügt sich der Neubau zurückhaltend in die bestehende Schulanlage ein. Mit seiner Farbigkeit und Detaillierung verweist er aber auch auf seine Verwandtschaft zum 2020 fertiggestellte Primarschulhaus.

Eingangsbereich mit sorgfältig gestalteten Details. (Foto: Peter Tillessen)
Garderoben (Foto: Peter Tillessen)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Unsere Absicht war es, ein Gebäude zu schaffen, welches mit unterschiedlichen Raumproportionen und -abfolgen die Kinder zum Erkunden einlädt. Innerhalb des symmetrisch aufgebauten Gebäudes haben wir dies insbesondere durch die raumhaltige Mittelzone geschafft. Das Highlight für die Kinder ist das darüberliegende Galeriegeschoss mit den zwei Ruheräumen direkt unter der grossen Giebelpfette. Runde Öffnungen ermöglichen von hier aus Blickbezüge in den überhohen Garderobenraum, in die Haupträume oder auch in den Garten. Die offene Struktur lädt zur Aneignung des Ortes ein. Kinder und Betreuungspersonen sind frei in der Gestaltung von Spielbereichen und Rückzugsorten. Die Haptik der natürlichen Oberflächen und die sichtbare Holzkonstruktion regen zur Erforschung an.

Die Innenräume des Kindergartens sind hell, die Oberflächen bestehen aus Holz. So entsteht eine behagliche Atmosphäre. (Foto: Peter Tillessen)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Wie bei allen Wettbewerben haben wir auch hier den Entwurfsprozess mit einer Lektüre des Ortes begonnen. Die Auseinandersetzung mit der Topografie, der Körnung der bestehenden Schulanlage sowie den Übergängen zum Siedlungsraum hat uns insbesondere bei der städtebaulichen Setzung der beiden Gebäude geholfen.

Architektonische Themen haben wir hingegen weniger aus etwas Vorgefundenem entwickelt. Stattdessen haben wir beim Entwerfen von innen nach aussen gearbeitet: Sowohl beim Kindergarten als auch beim Schulhaus stand eine funktional sinnvolle Anordnung der Räume für einen idealen Betrieb im Vordergrund. Die daraus entstandenen Raumfiguren haben wir dann in eine eigenständige, der Aufgabe angemessene Architektur übersetzt.

In der Ausführung hat sich gezeigt, dass gerade der Holzbau und die Schreinerarbeiten durch das lokale Wissen in einer hohen Qualität umgesetzt werden konnten.

Die präzisen Schreinerarbeiten stammen von Handwerkern aus der Region. (Foto: Peter Tillessen)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Unseren Entwurf aus dem Wettbewerb konnten wir ziemlich wie von uns vorgesehen umsetzen. Zusätzlich angereichert wurde das Projekt insbesondere durch die saubere Bauleitung und die qualitativ hochstehende handwerkliche Umsetzung.

Die Gemeinde als Bauherrin haben wir dabei als äusserst angenehm und engagiert wahrgenommen. Wir haben das Vertrauen in uns gespürt und schätzten die konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit sehr.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Der Sieg beim Wettbewerb zur Schulraumerweiterung Bazenheid im Jahr 2017 war für uns nach dem Sekundarschulhaus Rothenburg 2014 der zweite Wettbewerbserfolg im Bereich Schulbauten. Während die Sekundarschule in Rothenburg ein Massivbau ist, haben wir uns in Bazenheid zum ersten Mal vertieft mit dem Holzbau auseinandergesetzt. Das dabei entstandene Know-how konnten wir dann auch für das 2023 fertiggestellte Schulhaus in Obersiggenthal nutzen.

Besondere Freude bereitet den Kindern der Galerieraum. Von dort sind sowohl die Haupträume als auch die Garderobe und der Garten einsehbar. (Foto: Peter Tillessen)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Insbesondere der Diskurs um die Energieversorgung und den -verbrauch hat die Projektierung des Gebäudes beeinflusst. Das markante Solardach kam erst im Verlauf der Planung dazu, wurde aber von allen involvierten Personen mitgetragen. So konnte beinahe ein kleines, schuleigenes Kraftwerk erstellt werden.

Obwohl die Nachhaltigkeit 2017 noch nicht so stark im Fokus stand wie gegenwärtig, kann der Kindergarten mit seiner einfachen Konstruktionsweise auch hier überzeugen. Insbesondere der Verzicht auf ein Untergeschoss sowie der konsequente Einsatz von Holz für die Konstruktion und beim Innenausbau leisten einen Beitrag zu einer klimaschonenden Umsetzung.

Situation (© UNIK Architektur)
Grundriss Erdgeschoss (© UNIK Architektur)
Grundriss Galeriegeschoss (© UNIK Architektur)
Schnitt (© UNIK Architektur)
Bauwerk
Kindergarten Bazenheid
 
Standort
Neugasse 14, 9602 Kirchberg
 
Nutzung
Kindergarten
 
Auftragsart
Wettbewerb im selektiven Verfahren
 
Bauherrschaft
Politische Gemeinde Kirchberg
 
Architektur
UNIK Architektur AG (vormals Schwabe Suter Architekten GmbH), Zürich
 
Fachplaner       
Holzbauingenieur: Pirmin Jung Ingenieure, Frauenfeld
HLKS: Calorex AG, Wil
Elektroingenieur: Elektro Schönenberger, Gähwil
Brandschutz: Pirmin Jung Ingenieure, Frauenfeld
Bauphysik: Pirmin Jung Ingenieure, Frauenfeld
 
Bauleitung 
Joe Harder Baumanagement GmbH, Gähwil
 
Fertigstellung
2023
 
Gesamtkosten BKP 1–9 
CHF 2.9 Mio.
 
Fotos
Peter Tillessen

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